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Weißbuch Multiple Sklerose: Versorgungssituation in Deutschland
1.
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Neurology; Biotechnology
Disponibilidad
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Información
Tipo de recurso:
libros
ISBN impreso
978-3-662-49203-1
ISBN electrónico
978-3-662-49204-8
Editor responsable
Springer Nature
País de edición
Reino Unido
Fecha de publicación
2016
Cobertura temática
Tabla de contenidos
Krankheitsbild Multiple Sklerose
Miriam Kip; Anne Zimmermann
Die Multiple Sklerose ist die häufigste chronisch entzündlich-degenerative Erkrankung des Zentralen Nervensystems im jungen Erwachsenenalter. Charakteristisch sind fokale Demyelinisierungen und der Verlust von Nervenzellfasern sowie die zeitliche Dissemination der Läsionen. Die Ursachen der Erkrankung sind unklar. Es wird von einer multifaktoriellen, durch Umweltfaktoren getriggerten Autoimmun erkrankung im genetisch prädisponierten Menschen ausgegangen. Zu den wahrscheinlichen Umweltfaktoren zählen u.a. eine Infektion mit dem Ebstein-Barr-Virus (im Kindesalter) oder Vitamin D-Mangel. Frauen erkranken im Vergleich zu Männern deutlich häufiger. Bei den meisten Patienten verläuft die Erkrankung in Schüben. Primär progrediente Verläufe, bei denen sich der Gesundheitszustand mit dem Krankheitsbeginn kontinuierlich verschlechtert, sind vergleichsweise selten. Das Beschwerdebild ist heterogen und schließt neuropsychologische Symptome wie Fatigue, Störungen der Kognition oder Depres sionen, Spastik und Einschränkungen der Mobilität, Schmerzen, Störungen der Blasenfunktion sowie Störungen der Sexualität mit ein. Die Wahrscheinlichkeit bleibender Funktionseinschränkungen nimmt mit der Krankheitsdauer zu. Die individuellen Krankheitsverläufe sind aber sehr unterschiedlich und lassen sich nicht sicher voraus sagen. Die Diagnosestellung erfolgt nach definierten klinischen und para klinischen Kriterien (McDonald-Kriterien). Die Behandlung der Multiplen Sklerose besteht aus der verlaufsmodifizierenden Therapie (Schubprophylaxe) und der Therapie des akuten Schubes, die in der Stufen thera pie zusammengefasst sind, sowie der symptomatischen Therapie. Die Erkrankung ist nicht heilbar. Die Stufentherapie umfasst Medikamente, die auf unterschiedliche Weisen das Immunsystem modulieren mit dem Ziel, das Fortschreiten der Erkrankung aufzuhalten. Die symptomatische Therapie besteht aus nicht-medikamentösen und medikamentösen Verfahren, die eine Linderung der Beschwerden anstreben.
Pp. 1-12
Epidemiologie der Multiplen Sklerose
Miriam Kip; Anne Zimmermann; Hans-Holger Bleß
Die jährliche Inzidenz der Multiplen Sklerose liegt in Deutschland bei 8 Fällen pro 100.000 Einwohner. Frauen erkranken rund drei Mal so häufig wie Männer. In der Regel manifestiert sich die Erkrankung zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Ein Krankheitsbeginn in Kindheit oder Jugend oder im höheren Lebensalter ist selten. Die Prävalenz liegt auf Grundlage von Abrechnungsdaten der gesetzlichen Krank enversicherung (Sekundärdaten ) zwischen 175 und 289 Fälle pro 100.000 Versicherten. Dies entspricht einer Anzahl gesetzlich Versicherter Patienten mit dokumentierter Diagnose einer Multiplen Sklerose in Deutschland im Bereich von 143.000 bis 199.500 Versicherten. Gesetzlich versicherte Personen machen dabei über 85 % der Bevölkerung aus. Internationale bevölkerungsbasierte epidemiologische Untersuchungen zeigen im Verlauf der letzten Jahrzehnte eine Zunahme der Prävalenz der Erkrankung. Dieser Anstieg wird u. a. auf die erhöhte Lebenserwartung und auf eine Zunahme der Inzidenz insbesondere unter Frauen zurückgeführt. Zusätzlich erlauben verbesserte diagnostische Möglichkeiten eine frühere Diagnosestellung. Patienten mit Multipler Sklerose haben im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung eine im Durchschnitt um 7 bis 14 Jahre verkürzte Lebenszeit. In den letzten Jahren ist das Risiko, an einer MS zu versterben, gesunken. Trotzdem sterben mehr als die Hälfte der Patienten an der Erkrankung selbst oder aufgrund ihrer Komplikationen.
Pp. 13-21
Früherkennung und Diagnostik der Multiplen Sklerose
Tonio Schönfelder; Dieter Pöhlau
Das Ziel der Diagnostik bei Multipler Sklerose ist die frühe und sichere Erkennung der Erkrankung, um eine zeitnahe und adäquate Therapie einleit en zu können. Des Weiteren dient sie der Verlaufsbeurteilung der Erkrankung mit dem Ziel einer an die Verlaufsform und Krankheitsaktivität angepassten und konsequenten Therapie. Zum Nachweis einer räumlichen und zeitlichen Dissemination von Entzündungsherden, d.h. dem Vorliegen von Entzündungsherden an mehr als einem Ort im Zentralnervensystem sowie dem zeitlich voneinander unabhängigen Auftreten von Entzündungsherden im Verlauf der Erkrankung, stützt sich die Diagnosestellung auf verschiedene Untersuchungsmethoden. Hierzu zählen die Anamnese und die klinisch-neurologische Untersuchung, die Magnetresonanztomografie, die Aufzeichnung evozierter Potenziale und die Liquoruntersuchung. Andere (entzündliche) Erkrankungen des Zentralnervensystems müssen ausgeschlossen werden. Keine dieser Untersuchungsmethoden ist jedoch allein dazu in der Lage, die Diagnose Multiple Sklerose zu stellen. Aus diesem Grund beruht die Diagnosestellung auf definierten Kriterien, die sich aus einer Kombination verschiedener Untersuchungsmethoden zusammensetzen. Die von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie empfohlenen McDonald-Kriterien stützen sich sowohl auf klinische als auch auf paraklinische Tests und betonen insbesondere die Bedeutung der Magnetresonanztomografie im Rahmen der Diagnosestellung der Multiplen Sklerose. Auch im Zuge der Entwicklung der Diagnosekriterien hat die Diagnosehäufigkeit der Erkrankung in den letzten Jahren zugenommen, jedoch ist generell ein Anstieg der Inzidenz der Multiplen Sklerose in den letzten Jahrzehnten zu beobachten. Die Verlaufsbeurteilung der Krankheitsaktivität kann mit dem multifaktoriellen Multiple Sclerosis Decision Model erfolgen, das neben dem Auftreten von Schüben auch die Behinderungsprogression, neuropsychologische Aspekte und MRT-Befunde berücksichtigt. Auf Grundlage der vorhandenen Studien- und Datenlage sind präzise Aussagen zur Versorgungssituation in der Diagnostik der Multiplen Sklerose nur sehr eingeschränkt möglich. Die vorhandene Datenlage gibt Hinweise, dass die Versorgungskapazitäten mit MRT für Patienten mit Verdacht auf Multiple Sklerose ausreichend sind. Um eine exakte Bewertung der Versorgungs situation bezüglich der MRT-Diagnostik treffen zu können, sind weitere Untersuchungen notwendig, die fallbezogen sowohl stationäre als ambulante Daten berücksichtigen. In den letzten Jahren ist ein Trend zu verkürzten Diagnosezeiten vom Auftreten erster Symp tome bis zur Diagnosestellung der Multiplen Sklerose zu beobachten. Aktuell beträgt die durchschnittliche Dia gnosedauer in Deutschland 2,7 Jahre.
Pp. 23-54
Therapie der Multiplen Sklerose
Miriam Kip; Heinz Wiendl
Die Stufentherapie beinhaltet die (dauerhafte) Arzneimitteltherapie zur Reduktion der Anzahl der Schübe (Schubprophylaxe, verlaufsmodifizierende Therapie) und die Akut-Therapie des Schubes. Dabei wird idealerweise ein Zustand frei vo n Krankheitsaktivität angestrebt (no evidence of disease activity, NEDA). Sie richtet sich nach der Verlaufsform der Erkrankung und hat das Ziel, die Progression der Erkrankung zu verhindern. Die Primärversorgung der Patienten mit Multipler Sklerose erfolgt durch Neurologen, und in den meisten Fällen wird die verlaufsmodifizierende Therapie ambulant durchgeführt. Seit 2011 hat mit dem Hinzukommen neuer therapeutischer Möglichkeiten bei der Behandlung der schubförmig verlaufenden MS (RRMS) der indikationsbezogene Arzneimittelverbrauch unter gesetzlich Versicherten in Deutschland jährlich zugenommen. Die Versorgungssituation in der Therapie von Patienten mit Erstdiagnose einer MS ist dennoch unzureichend. Studien, basierend auf Versichertendaten der gesetzlichen Krankenkasse, deuten darauf hin, dass zu wenig Patienten mit Erstdiagnose einer MS zeitnah auch eine Therapie erhalten. Lediglich jeder zweite Patient mit dokumentierter Erstmanifestation einer MS in 2009 nahm im selben Jahr eine verlaufsmodifizierende Therapie in Anspruch. In Abhängigkeit von der regionalen Facharztdichte suchten zwischen 37 % und 64 % der Patienten innerhalb der ersten sechs Wochen nach Erstdiagnose überhaupt einen Neurologen für die Weiterbehandlung auf. Der frühe Therapiebeginn ist aber für die erfolgreiche Behandlung wichtig. Es ist anzustreben, Patienten nach erstmaligem demyelinisierendem Ereignis (klinischisoliertes Syndrom) medikamentös zu behandeln, da dies beispielsweise eine Konversion in eine RRMS verzögert bzw. die Wahrscheinlichkeit längerfristiger Behinderung reduziert. In der Behandlung der RRMS geben Studien Hinweise auf eine Unter- und mögliche Fehlversorgung. Gut 40 % der Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung mit dokumentierter RRMS nahmen 2009 überhaupt keine verlaufsmodifizierende Therapie in Anspruch. Die Behandlung der RRMS soll sich entsprechend den 2014 geänderten Handlungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie an der Krankheitsaktivität orientieren. Rund 15 % der Patienten mit MS innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung werden jährlich akut-stationär behandelt. Gut zwei Drittel der wegen einer MS stationär behandelten Patienten nahmen sechs Monate vor dem Krankhausaufenthalt keine verlaufsmodifizierende Therapie in Anspruch. Bei 27 % dieser Patienten wurde nach dem Krankenhausaufenthalt eine verlaufsmodifizierende Therapie initiiert. Bei gut einem Viertel der mit Medikamenten bei niedriger Krankheitsaktivität behandelten Patienten mit RRMS, die klinisch unauffällig waren, waren Zeichen erhöhter Krankheitsaktivität im MRT messbar. Entsprechend den aktuell geänderten Empfehlungen einer an die Krankheitsaktivität angepassten Therapie können diese Patienten von einer Therapie mit Medikamenten für eine (hoch-) aktive Verlaufsform profitieren. Die Adhärenz hinsichtlich der verlaufsmodifizierenden Therapie ist niedrig. Zwischen 2002 und 2006 betrug sie unter gesetzlich Versicherten zwischen 30 und 40 %. Nur ein Drittel der Patienten führte die Therapie für einen Zeitraum von zwei Jahren auch kontinuierlich durch. Als Hemmnisse der Adhärenz werden vor allen Dingen Nebenwirkungen, eine nachgewiesene oder angenommen fehlende Wirksamkeit der Therapie, aber auch Begleiterkrankungen wie die Fatigue oder Depressionen genannt. Es gibt Hinweise, dass die Akutbehandlung des Schubes zu häufig stationär erfolgt. Eine Auswertung des Datensatzes der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft ergab, dass lediglich gut ein Drittel der Schubtherapien ambulant durchgeführt wird, wobei die Wahrscheinlichkeit einer ambulanten Therapie mit der Krankheitsdauer zunahm. Aus Sicht von Patienten und Ärzten ist die fehlende Verfügbarkeit wirksamer Medikamente für die Behandlung progredienter Verlaufsformen ein dringender Versorgungsbedarf. Denn mit Zunahme der Progredienz der Erkrankung nehmen die therapeutischen Möglichkeiten innerhalb der verlaufsmodifizierenden Therapie ab. Für die Therapie der primär-progredienten MS sind in Deutschland derzeit formal keine Medikamente zugelassen.
Pp. 55-93
Gesundheitsökonomische Aspekte der Versorgung der Multiplen Sklerose
Anne Zimmermann; Tonio Schönfelder
Die Versorgung von Patienten mit Multipler Sklerose ist mit hohen Gesundheitsausgaben verbunden. Die jährlichen direkten Durchschnittskosten liegen zwischen 21.932 € bis 23.087 € pro Patient. Diese variieren in Abhängigkeit von der Verlaufsform, dem Behinderungsgrad und der Schubaktivität. Mit einem Anteil von rund 60 % bilden die Arzneimittel den größten Kostenblock innerhalb der direkten medizinischen Kosten, gefolgt von den Kosten für stationäre und ambulante Leistungen. Mit zunehmendem Behinderungsgrad gewinnen die direkten nichtmedizinischen Ausgaben an Bedeutung, insbesondere durch steigende Kosten für die informelle Pflege. Die jährlichen indirekten Kosten der Multiplen Sklerose variieren je nach Studie zwischen 16.911 € bis 19.384 € pro Patient. Der größte Anteil an den indirekten Kosten entsteht infolge von Erwerbsminderung bzw. Frühverrentung. Gemäß einer Analyse von Abrechnungsdaten gesetzlich Krankenversicherter bezogen im Jahr 2010 fast 50 % der Patienten mit Multipler Sklerose eine Erwerbsminderungsrente im Vergleich zu rund 3 % in der Gesamtbevölkerung. Mit zunehmender Schubaktivität steigen die Ausgaben an. Studien schätzen die direkten und indirekten Kosten eines Schubes auf 2.955 € bis 5.249 € pro Patient. Die Schubprophylaxe hat somit besondere Bedeutung in der Versorgung von Patienten mit Multipler Sklerose im Kontext begrenzter finanzieller Ressourcen. Die intangiblen Kosten werden auf durchschnittlich 10.000 € pro Patient geschätzt. Die größte Krankheitslast verursacht die Multiple Sklerose bei Patienten im Alter zwischen 30 bis 59 Jahren.
Pp. 95-114
Akteure und Strukturen in der Versorgung der Multiplen Sklerose
Susann Behrendt; Tonio Schönfelder; Simon Krupka; Christoph Rupprecht
Eine Vielzahl von Akteuren auf unterschiedlichen Ebenen des Gesundheitssystems gestaltet die Versorgung von Patienten mit Multipler Sklerose. Das Bundesministerium für Gesundheit ist als staatlicher Akteur an der politischen und gesetzlichen Rahmensetzung beteiligt und nimmt regulatorischen Einfluss auf die Gesundheitsversorgung. Der Gemeinsame Bundesausschuss konkretisiert Leistungen für die medizinische Versorgung für die gesetzlich Versicherten. Die Leistungserbringer sowie die Ausgabenträger sind für die Implementierung und Versorgungsgestaltung verantwortlich. Aufgrund des breiten Spektrums an individuell unterschiedlichen Symptomen, Begleit- und Folgeerkrankungen sowie Behinderungen sind bereichsübergreifende Versorgungskonzepte und die Patientenorientierung bei der Versorgung von besonderer Bedeutsamkeit. An der Therapie der Multiplen Sklerose sind Mediziner und Therapeuten unterschiedlicher Fachrichtungen und Heilberufe beteiligt. Dazu zählen neben Neurologen als Primärversorgern unter anderem Neuropsychologen, Radiologen oder Physiotherapeuten. Die Versorgungskette umfasst die ambulante und stationäre Behandlung, Rehabilitations- und Pflegeleistungen bis hin zur Palliativversorgung. Mehr als ein Drittel der Patienten mit Multipler Sklerose nimmt Leistungen aus mindestens vier Leistungsbereichen (u. a. Fachärzte, stationärer Bereich, Pflege und Arzneimittel) gleichzeitig in Anspruch. Etwa jeder fünfte Patient wird mindestens einmal pro Jahr wegen seiner Erkrankung im Krankenhaus behandelt. Regionale Untersuchungen zeigen, dass in Gegenden mit hoher Facharztdichte die Anzahl an Krankenhausaufenthalten sinkt. Modelle der inte grierten Versorgung tragen dazu bei, die intersektorale Versorgung zu verbessern und die stationäre Behandlungsrate zu senken. Die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft vertritt bundesweit Patienten mit Multipler Sklerose. Mit rund 45.000 Mitgliedern zählt sie zu den wichtigsten Patientenvertretungen. Neben der Etablierung von Multiple-Sklerose-Zentren zur spezialisierten Behandlung ist die Forschungsförderung eine ihrer zentralen Aufgaben. Im Zentrum der Forschungsbemühungen stehen u. a. die Grundlagenforschung einschließlich Krankheitsentstehung und Pathogenese der Multiplen Sklerose, neue Therapien sowie die Verbesserung der Adhärenz.
Pp. 115-140